Fast 5 Wochen sind vorbei…

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In den letzten Tagen ist einiges passiert und ich habe doch relativ viel geschafft, auch wenn ich mit Schrecken daran denke, dass ich in drei Wochen schon wieder meine Koffer packen muss und mal wieder den Leuten hier Tschuess sagen muss fuer eine unbestimmte Zeit.

 

Aber was ist alles so passiert…ich habe mal wieder gemerkt wie unzuverlaesslich und unverantwortlich doch einige Eltern hier sind. So waren hier drei Kinder im Haus die schon hier waren, als ich mein Jahr im Haus verbracht habe. Die Aelteste (14) ist letztes Jahr zu ihrer Tante gekommen, weil die Mutter sich nicht am Wochenende um sie kuemmern konnte. Die anderen beiden waren noch hier im Haus. Letzte Woche sollte das Maedchen nun wieder zur Tante gebracht werden, doch diese wollte sie nicht aufnehmen, den Grund wissen wir leider niht. So habe ich mit Señora Rosa, der Mutter und dem Maedchen gesprochen und es war so, dass das Maedchen wieder ins Haus kommen sollte. Die Mutter hat mir versprochen, dass sie die Kinder Montag morgen puenktlich zur Schule vorbei bringen wird und? Bis heute sind sie nicht gekommen. Heute Morgen haben wir dann erfahren, dass sie wahrscheinlich die Schule gewechselt haben (alle drei Kinder), da die Mutter mit einem neuen Mann in einem anderen Stadtteil wohnt. Ich konnte es nicht glauben und bin dann mit Estellita zur Schule gegangen um zu Fragen. Sie konnten es uns nicht 100% sagen, aber so wie es aussieht wurden sie von der Schule genommen. Aber was ist das fuer ein Verhalten? Wir warten hier seit Montag auf die Kinder, machen uns Sorgen, und die Mutter kommt nicht auf die Idee uns Bescheid zu geben…

Aber es war nicht alles so enttaeuschend und frustrierend.

Diese Woche wurden dann die Arbeiten im Pronei (Renovierung der Sanitaeranlagen im Kindergarten) fertiggestellt. Diese Arbeiten waren dringend noetig und wurden dank der Peru-Gruppe Heubach auch ermoeglicht. Es war ganz schoen anstrengend alles moeglich einzukaufen dafuer, denn nach dem ersten Einkaufen fehlten immer noch Sachen. Aber nun funktioniert alles und der ganz normale Kindergartenalltag kann dadurch nicht mehr beeintraechtigt werden.

Mit dem Anfang des Kindergartens fing auch die Schule wieder an und ich wundere mich zum wiederholten Male, was die Kinder alles brauchen um in die Schule/Kindergarten zu gehen. Ueber Hefte, Stifte, Stifte fuer die Tafel, 200-500 weisses Papier, Pappe,… Zur Zeit bin ich dabei einige Listen einzusammeln und dann auszurechnen, was die Eltern fuer ein Kind bezaheln muessen. Zusatezlich zu den Kosten der Matriculacion (Einschreibung) und der Uniform.

So nimmt alles seinen Lauf hier in Laderas. Durch meine Arbeit hier lerne ich sehr viel ueber die Menschen und die Kultur hier. Endlich kann ich mehr peruansiche Gerichte und durch die Steckbriefe erfahre ich unglaubliche Lebensgeschichten. Die Lebensgeschichten kann ich teilweise gar nicht so schnell mitschreiben, weil ich so geband davon bin, was mir die Frauen aus dem Comedor erzaehlen. Aber die Steckbriefe im Comedor ist auch so eine Sache. Fast keiner der Frauen kann schreiben oder lesen bzw. konnten es mal, aber haben es zu lange nicht mehr gemacht, dass sie es verlernt haben. Am Montag gibt es jedoch eine Versammlung mit diesen Frauen, da in ca. 2 Wochen ein Alphabetisierungskurs fuer die Frauen aus dem Comedor starten wird. Dieser Kurs soll die Frauen unterstuetzen in ihrem Leben und ihr Selbstbewusstsein aufwerten, ausserdem soll dieses eine Werstschaetzung ihrer Arbeit darstellen. Fuer den Kurs konnte ich eine Frau gewinnen, die ihn leiten wird, die sehr motiviert ist und tolle Ideen hat. Ich bin der Peru Gruppe Heubach sehr dankbar dafuer, dass sie mir die Moeglichkeit gegeben haben, diesen Kurs hier zu installieren, weil die Alphabetisierung seit 3 Jahren ein Anliegen von mir ist. Ich hoffe dass das alles super funktioniert und die Frauen dadurch mehr Moeglichkeiten haben.

Jeden Tag passieren hier so viele Sachen und ich erlebe einfach so viele tolle, beeindruckende Momente mit den Menschen, die ich nicht in Worten fassen kann. Manchmal kann ein Laecheln oder eine Umarmung einem so viel geben und so viel zeigen…

Morgen kommt dann endlich mein Bruder. Das heisst die letzten drei Wochen fangen hier an und es gibt noch so viel zu erledigen. Ich hoffe, dass wir alles was wir uns vorgenommen haben (es wird immer mehr, je laenger ich hier bin), auch umsetzen koennen. Ausserdem hoffe ich, dass wir die Zeit hier noch in vollen Zuegen geniessen koennen und den Menschen ein bisschen von dem Zurueck geben koennen, was sie mir hier tagtaeglich geben.

Ich wuenschte ihr koenntet dass alles miterleben und sehen was ich in dieser Zeit erlebe. Es sind einfach wunderbare Menschen, die so unglaublich sind…

Und ich frage mich immer wieder was heisst Armut? Klar vielleicht haben sie nicht so viel, wissen auch manchmal nicht wie sie den Tag ueberleben sollen, aber sie haben so viel Hoffnung, so viel Vertrauen und viele kaempfen so sehr, dass ihre Kinder mal ein besseres Leben haben. Sind diese Menschen mit dieser Hoffnung, diesem Willen und diesem Wunsch aus ihrem Leben und aus dem Leben ihrer Kinder etwas zu machen nicht eigentlich reich? Was heisst wirklich Armut? Fuer mich ist Armut nichts pauschales, Armut verbinde ich mit Menschen…Aber sind nicht eher die Kinder arm deren Eltern sich nicht wirklich um sie kuemmern, die einfach abgeschoben werden? Vielleicht habt ihr ja eine Antwort auf die Frage: Was ist eigentlich Armut? Welche Menschen sind arm?

In diesem Sinne, schoene Gruesse aus Laderas

2 Gedanken zu „Fast 5 Wochen sind vorbei…“

  1. Liebe Marie,
    Deine zuletzt aufgeworfene Frage ist sicher die Schwerste in dem Spannungsbogen zwischen uns in D und den Menschen in Laderas, wie auch in allen Armenvierteln der Welt. Ich finde, die Hoffnungslosigkeit, gepaart mit der Ohnmacht nicht aus dem Kreislauf des täglichen Kampfes heruszukommen, ist der Verstärkungsfaktor von Hunger und Mangel, der Armut erst zu gespürter Armut macht.
    Wir von der Perugruppe sind Dir sehr dankbar für Dein beispielhaftes Engagement. Du bringst den Menschen dort nicht nur wichtige Projekte und Lebens-Utensilien, sondern die Hoffnung und Anerkennung, die ihnen die Kraft geben die Zuversicht zurück zu gewinnen.
    Viele Grüße und heiße Deinen Bruder auch von uns Willkommen
    Gerd

  2. Hallo Marie,

    jetzt wird es endlich Zeit, dass ich dir auch mal schreibe, wie toll ich es finde, dass du dich so reinhängst in all die Projekte. Ganz super finde ich, dass es einen Kurs zur Alphabetisierung der Frauen im Comedor gibt. Ich habe auch einige Kolleginnen, die Alphabetisierung machen und man glaubt kaum, wie dankbar die Menschen sind, wenn sie Schritt für Schritt lesen und schreiben lernen dürfen. Sie freuen sich auch über kleine Erfolge. Was du zur Armut gesagt hast, kann ich teilen. Das habe ich auch so erlebt, dass Menschen, die Zuversicht, Energie und gute soziale Kontakte haben, in gewissem Sinne reich sind, auch wenn sie materiell so gut wie nichts haben.
    Ich wünsche dir und deinem Bruder noch eine schöne Restzeit in Laderas

    Herzliche Grüße

    Karin

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